Cha no Yu
Die Geschichte der Teezeremonien "Cha no Yu"
Gegenwärtig trinken alle Japaner, jung und alt, Männer und Frauen, jeden Tag grünen Tee.
Es wird gesagt, "was bitter für den Mund ist, ist süß für das Herz". Grüner Tee ist tatsächlich sehr bitter. Die Japaner, die viel grünen Tee trinken, haben dementsprechend "ein gutes Herz".
Vor
etwa 1200 Jahren war Tee auch in Japan eine sehr seltene und kostbare
Ware. Nur die Herrscher hatten das Recht, Tee zu trinken. Während
dieser Zeit wurde Tee in geringen Mengen aus China importiert.
Ursprünglich wurde Tee an den Steilufern des Yang-Tse-Kiang in China
angebaut. Zur Tee-Ernte wurden dressierte Affen eingesetzt, die kleine
Körbe auf dem Rücken trugen, um die Teeblätter zu sammeln.
Im
15. Jahrhundert reisten japanische Priester des Zen-Buddhismus nach
China, um ihr Verständnis der Zen-Lehre zu vertiefen. Die chinesischen
Priester lehrten sie die Gewohnheiten des Teetrinkens. Da es den
Zen-Priestern durch den Genuss des grünen Tees ermöglicht wurde,
während der asketischen Übungen wach zu bleiben, brachten sie bei ihrer
Rückkehr nach Japan einige Samen mit. In der Folgezeit wurde Uji, ein
Vorort der alten Kaiserstadt Kyoto, ein großes Teeanbaugebiet in Japan
von bester Qualität. In der Abgeschiedenheit versuchten die Mönche zu
sich selbst zu finden. Dazu diente das Teehaus.
Ab dem 14. Jahrhundert verbreite sich der Brauch, Tee zu trinken, auch in der Oberschicht. Dabei wurde das Gesellschaftsspiel Tocha
kreiert, bei dem die Gäste Tee aus verschiedenen Gegenden serviert
wurde. Sie mussten dann den Tee den jeweiligen Anbaugebieten zuordnen.
Im 16. Jahrhundert bestimmte Sen-no-Rikyu (1521-1591), der Großmeister
in der Geschichte der Teezeremonie, die Regeln für diese. Gleichzeitig
führte er den Geist von "WABI", den Geist der Ruhe und Gelassenheit,
ein. Anhand dieser Regeln wurde die Teezeremonie über die Jahre hin
immer mehr verfeinert. Es lässt sich heute sagen, dass sie die
japanische Kunst und Kultur ebenso maßgeblich beeinflusste wie die
Moral und das Benehmen. Die Mehrzahl der Japaner ist in ihren
Umgangsformen weitgehend von den Cha-no-Yu beeinflusst. So ist es eine
weit verbreitete Sitte, Mädchen als Vorbereitung auf ihre Hochzeit die
Teezeremonie lernen zu lassen, um ihnen so die letzten Feinheiten und
Förmlichkeiten in dieser Kunst mit auf den Weg zu geben.
Ablauf der Teezeremonie "Chado"
Tocha
wandelte sich zu einem geselligen Beisammensein der Oberschicht. Im
Mittelpunkt stand der Genuss des Tees in besinnlicher Stimmung. Es
wurden dabei Kunstgegenstände und Kunsthandwerk aus China bewundert.
Die Samureiklasse bestimmte die Umgangsformen des täglichen Lebens, und
sie beeinflusste auch das Beisammensein beim Teetrinken. Es wurden
Regeln entwickelt, die die Teegesellschaft verfolgen musste.
Die
Teezeremonie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. Sie hängt
zum einen von der Schule ab, der der Gastgeber angehört, zum anderen
ist der Anlass und die Jahreszeit maßgeblich. Aber in ihren
wesentlichen Bestandteilen gleicht eine Teezeremonie der anderen.
Chado bedeutet "der Teeweg". So gleicht die Teezeremonie für den
Besucher, aus dem Alltag kommen, einem Weg zur Ruhe und Meditation.
Bevor die Gäste den für die Teezeremonie vorbereiteten Raum betreten,
gehen sie durch den Garten und reinigen Mund und Hände aus einem mit
Wasser gefüllten Steinbecken (tsukubai). Hierdurch reinigen sie
symbolisch Herz und Seele und befreien sich von allen unreinen
Gedanken. Danach begeben sich die Gäste in den Teeraum. Hierbei handelt
es sich um ein kleines Haus von 9 qm, das speziell für die Teezeremonie
konstruiert wurde und wird als "senshintei" (Reinigung der Seele und
der Gedanken) bezeichnet. Es ist geschmückt mit einem Rollbild
(Boku-seki) in der Wandnische (Tokonoma) in der ebenfalls ein
Blumenarrangement (chabana) aufgestellt wurde. Da der Tee sehr bitter
ist, werden vor dem Genuss des grünen Tees kleine, süße japanische
Kuchen gereicht.
Die Teezeremonie macht eine Schale Tee zum
Mittelpunkt einer Weile der frohen geistigen Einheit von Gästen und
Gastgeber. Man heißt die Gäste mit aller Herzenswärme willkommen und
genießt unter Ausschluss jeglicher Ablenkung das traute Beisammensein.
Auch dass der Tee vor den Augen der Gäste zubereitet wird, hat nur den
Zweck, die Freude am Geschmack des guten Tees zu erhöhen. Die beste
Temperatur für grünen Tee ist 48 Grad Celsius.
Gleichzeitig bewirkt die Teezeremonie eine Kommunikation aller
Teilnehmer untereinander, in die der Gastgeber oder Teemeister
eingeschlossen ist: alle Rangunterschiede sind aufgehoben. So
präsentiert die Cha-no-Yu-Gesellschaft das Modell einer idealen
Gesellschaft, wenn auch nur für kurze Zeit.